Prüm im Kaiserreich

Wolfgang Schmid

Die Wahrnehmung einer Stadt und die Entdeckung der Eifel durch die Fotografie

Der Ausgangspunkt des Buches war ein „Fund“ in der Eifelbibliothek in Mayen. 1911 veröffentlichte der Prümer Seminarlehrer Franz Hinsen eine Beschreibung seiner Heimatstadt. Sie sollte als Lichtbildervortrag eine Diaserie begleiten, die seine Frau Lore Hinsen aufgenommen hatte. Der Vortrag verweist in zwei Richtungen. Zum Ersten stellt sich die Frage, wie sich die aufstrebende Kreisstadt, die auf eine große Geschichte zurückblicken konnte, dem zeitgenössischen Leser darstellte. Bei weiteren Recherchen kamen nach und nach drei weitere Stadtführer aus den Jahren 1889, 1911 und 1928 zum Vorschein, die sich durch Heiltumsdrucke zur Wallfahrt zu den Sandalen Christi (1863, 1893) und mehrere Eifelführer sowie zeitgenössische Beschreibungen ergänzen lassen. Dadurch lässt sich ein detailliertes, aus verschiedenen Blickwinkeln gezeichnetes Bild der Stadt in der Westeifel am Vorabend des Ersten Weltkriegs zeichnen.

Auch wenn die Lichtbilder von Lore Hinsen nicht erhalten sind, erweisen sich die ab 1905 veranstalteten Lichtbildervorträge des Eifelvereins als weiteres spannendes Thema. Diese waren zunächst als touristisches Werbeinstrument gedacht, entwickelten sich dann aber immer mehr zu einem Medium der landeskundlichen Wissensvermittlung. Diese Vorträge waren Höhepunkte im gesellschaftlichen Leben vieler Städte in der Eifel, aber auch in den benachbarten Großstädten. Sie wurden in ein kulturelles Rahmenprogramm, mit Konzerten kombiniert und führten den in diesen Jahren neu gegründeten Ortsgruppen zahlreiche neue Mitglieder zu.

In diesem Kontext entstand ein Netzwerk aus Wissenschaftlern und Schriftstellern, die ein weitgefächertes Vortragsprogramm entwickelten. Dabei erweist sich das Eifelvereinsblatt, eine 1900 gegründete und zunehmend mit Fotos ausgestattete Monatsschrift für die Eifel, als wichtige Schnittstelle in der touristischen Werbung und in der Vermittlung landeskundlichen Wissens. Die wissenschaftliche Erschließung der Eifel steht in engem Kontext mit ihrer künstlerischen Entdeckung durch die Eifelmalerei (Fritz von Wille) und die Eifelliteratur (Clara Viebig). Die Fotografie war zudem ein wichtiges Medium bei den Bemühungen um den Erhalt der Kunst- und Naturdenkmäler sowie bei der Dokumentation der im Verschwinden begriffenen ländlichen Bau- und Wohnkultur. Dabei gab es eine enge Kooperation mit dem 1906 gegründeten Rheinischen Verein für Denkmalpflege und Heimatschutz.

In all diesen Bereichen spielte das Medium der Fotografie eine zentrale Rolle, z. B. durch Eifel-Alben (Charles Bernhoeft 1896) und Postkartenserien. Ab 1907 wurden Fotos neben Gemälden auf Kunstausstellungen über die Eifel präsentiert. Diese fanden in den Städten am Rande der Eifel statt, in denen es große Ortsgruppen des Eifelvereins gab (Düren 1906, Aachen 1907, Bonn und Köln 1907, Eifelausstellung Trier 1913). Sie ermöglichen weitere Rückschlüsse auf die Verbreitung und zeitgenössische Wertschätzung des Mediums Fotografie und auf den Kreis der in der Eifel tätigen Fotografen, zu dem neben Profis auch zahlreiche Amateure zählten.